Pressemitteilung

PM: Juristisches Gutachten zeigt: CETA bedroht die Energiewende – trotz Nachbesserungen

Die Bundesregierung will das EU-Kanada-Abkommen (CETA) schnellstmöglich ratifizieren. Den besonders umstrittenen Investitionsschutz will sie zuvor durch eine Interpretationserklärung einschränken. Doch ein juristisches Gutachten im Auftrag von PowerShift zeigt: Die Interpretationserklärung hält nicht, was sie verspricht: Investoren werden trotzdem gegen Klima- und Umweltschutz klagen können.

Berlin, 6. Oktober 2022: Ein juristisches Gutachten, das die Rechtswissenschaftlerinnen Alessandra Arcuri und Federica Violi von der Universität Rotterdam im Auftrag von PowerShift angefertigt haben, zeigt: Die CETA Interpretationserklärung wird Klagen gegen Klima- und Umweltschutzmaßnahmen nicht verhindern.

Zum einen geht die Erklärung nicht weit genug, da sie sich nur auf Klimaschutzmaßnahmen beschränkt und politische Maßnahmen zu anderen Problemfeldern wie beispielsweise dem Gewässerschutz oder Pestiziden unerwähnt lässt.

Zum anderen enthält sie sehr viele schwammige Formulierungen. So können beispielsweise Klimaschutzmaßnahmen weiterhin als „indirekte Enteignung“ interpretiert werden, wenn ihre Auswirkungen den Schiedsrichter*innen „unverhältnismäßig“ und „unangemessen“ erscheinen.

„Das CETA-Investitionskapitel ist eine Bedrohung für die Energiewende und die Interpretationserklärung ist keine Lösung“, sagt Alessandra Arcuri von der Universität Rotterdam.

„Trotz guter Absichten ist es höchst unwahrscheinlich, dass die Interpretationserklärung Investoren davon abhalten wird, klima- und umweltpolitische Maßnahmen von Regierungen anzufechten“, sagt Federica Violi von der Universität Rotterdam.

Die einzige Möglichkeit, das Risiko klimabezogener Klagen vollständig zu beseitigen, bestehe darin, Investor-Staat-Schiedsgerichtsbarkeit aus dem Abkommen zu streichen, so die Juristinnen. Dies könnte über eine Vertragsänderung, ein Umsetzungsabkommen oder ein Anwendungsprotokoll erreicht werden - ohne dass dadurch neue Verpflichtungen entstehen oder die anderen Teile des Abkommens beeinträchtigt würden. Kanada könnte für einen solchen Vorschlag offen sein, da das Land bereits fortschrittlichere Investitionsschutzstandards als die EU verfolgt.

„Das Gutachten zeigt, dass unsere Kritik an Sonderklagerechten für Konzerne berechtigt ist. Dieses System ist nicht reformierbar und muss beendet werden. CETA darf in dieser Form nicht vollständig ratifiziert werden!“, sagt Anne Bundschuh, Handelsreferentin bei PowerShift.

Hintergrund

Trotz massiver Protestbewegungen auf beiden Seiten des Atlantiks trat das Handels- und Investitionsschutzabkommen zwischen der EU und Kanada (CETA) 2017 vorläufig in Kraft. Noch nicht in Kraft ist jedoch der besonders umstrittene Investitionsschutz, mit dem Investoren Staaten beispielsweise für Klima- oder Umweltschutzmaßnahmen vor einem internationalen Schiedsgericht verklagen können. Dieser Investitionsschutz wird erst wirksam, wenn CETA von allen EU-Staaten ratifiziert wurde.

In ihrer handelspolitischen Agenda hat sich die Bundesregierung Ende Juni darauf geeinigt, das Abkommen schnellstmöglich zu ratifizieren – unter einer Bedingung: Eine Interpretationserklärung soll vorher sicherstellen, dass der Investitionsschutz eingegrenzt und seine „missbräuchliche Anwendung“, verhindert wird. Klagen gegen Klimaschutz sollen dadurch nicht mehr möglich sein.

Gutachten (auf Englisch)

Zusammenfassung (auf Deutsch)

Pressekontakte

Anne Bundschuh (Referentin für Handelspolitik)
Email: anne.bundschuh@power-shift.de
Telefon: 0157 87948417

Vanessa Fischer (Pressereferentin)
Email: vanessa.fischer@power-shift.de
Telefon: 0157 54768413

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