Die europäische Batterieverordnung - Eine Chance für die nachhaltigere Nutzung von Rohstoffen
Bislang regelt die Europäische Batterierichtlinie aus dem Jahr 2006 (Richtlinie 2006/66/EG), welche Mindestanforderungen Batterien auf dem europäischen Markt erfüllen müssen. In den vergangenen fünfzehn Jahren gab es jedoch tiefgreifende technologische Innovationen, die den Markt um eine Vielzahl verschiedener Batterietypen erweitert haben. Viele der heute gängigen Batterien, wie zum Beispiel die Lithium-Ionen-Batterie, fanden erst nach der Verabschiedung der alten Direktive weite Verbreitung und sind deshalb von den Regulierungen nicht betroffen. Im Dezember 2020 wurde daher der Entwurf für eine neue Europäische Batterieverordnung von der Europäischen Kommission veröffentlicht. Die neue Regulierung wird im Rahmen des Europäischen Green Deal die erste aus einer Reihe von Regulierungen von Produktkategorien sein, um einzelne Produkte in Europa nachhaltiger zu machen.
HINTERGRUND
Mit dem Europäischen Green Deal verfolgt die EU das ehrgeizige Ziel, Europa bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent der Welt machen. Die Novellierung der veralteten Batteriedirektive soll dafür einer der ersten Schritte sein.
Aufgrund der zunehmenden Relevanz einer Mobilitätswende, dem Ausbau der erneuerbaren Energien und der voranschreitenden Digitalisierung, nehmen Batterien eine immer wichtigere Rolle für das Erreichen der Klimaziele ein. Jedes Jahr werden über eine Million Tonnen verschiedener Batterietypen auf den europäischen Markt gebracht. Diese Zahl wird mit dem Bestreben eines klimaneutralen Europas laut Aussagen des Weltwirtschaftsforums in den kommenden zehn Jahren um das 19-fache ansteigen. Dabei spielt nicht zuletzt der rasante Anstieg der E-Mobilität eine Rolle: Allein in diesem Jahr hat sich die Zulassung von Elektroautos in der EU im zweiten Quartal verdoppelt. Um zu verhindern, dass es in ihrer Herstellung, Anwendung und Wiederverwertung zu Umweltschäden und Menschenrechtsverletzungen kommt, soll die Batterieverordnung allgemeingültige und bindende Standards festsetzen. Damit stellt sie auch einen zentralen Bestandteil des Aktionsplans für Kreislaufwirtschaft dar, einem wichtigen Instrument des Europäischen Green Deals, der die soziale und ökologische Nachhaltigkeit innerhalb des gesamten Lebenszyklus von Produkten garantieren soll.
ZEITLICHER RAHMEN
Im Dezember 2020 hat die Europäische Kommission einen Entwurf der neuen Batterieverordnung veröffentlicht. Der Kommissionsentwurf wurde anschließend im Ministerrat diskutiert; die Vertreter*innen der Mitgliedsstaaten stimmen sich derzeit noch über eine gemeinsame Position ab. Gleichzeitig hat der Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz (IMCO) des EU-Parlaments und der Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie (ITRE) den Kommissionsvorschlag bereits kommentiert. Der federführende Ausschuss für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI) ist der letzte, der am 21. Oktober 2021 Anmerkungen machen wird. Die Anmerkungen der Ausschüsse werden anschließend zusammengeführt und voraussichtlich im Februar 2022 im EU-Parlament zur Abstimmung gebracht.
INHALTE UND ZIELSETZUNG
Der jetzige Entwurf der Batterieverordnung schreibt genaue Definitionen der verschiedenen Batterietypen fest, die eine eindeutige Zuordnung zu den klassifikationsabhängigen Bestimmungen in den weiteren Paragraphen der Verordnung ermöglichen. Diese beinhalten bindende Standards bezüglich der Sammelquoten, Recyclingeffizienz und des Rezyklatgehalts in Batterien und sehen sowohl die Erstellung eines CO2-Fußabdrucks (Carbon Footprint) für Batterien als auch deren Kennzeichnung mit verbraucher*innenrelevanten Informationen vor. In Bezug auf ihre Reparierbarkeit und Langlebigkeit sollen künftige Batterien außerdem bestimmte Mindestanforderungen erfüllen. Auch menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten vom Rohstoffabbau bis zum Produkt müssen von Unternehmen in der Batteriebranche erfüllt werden und die Unternehmensverantwortung insbesondere in Bezug auf die Herstellung der Batterien verschärft werden. Von den angestrebten Regulierungen sind zudem nicht nur neue Batterien, sondern ebenso Second-Life-Batterien, also umgenutzte Batterien, betroffen.
Mit der neuen Verordnung soll jedoch nicht nur die Nachhaltigkeit der Batterien garantiert werden, sondern auch die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft. Dadurch werden bestimmte Punkte der angestrebten Maßnahmen eher vage gehalten oder in ihrem Geltungsbereich nur auf bestimmte Batterietypen und Rohstoffe eingeschränkt. Auch die Sammelquoten und Rezyklatgehalte von Batterien bleiben in ihrer Zielsetzung recht niedrig angesetzt. Die rohstoff- und klimapolitische Zivilgesellschaft hat deshalb mehrere Kritikpunkte am bisherigen Entwurf und Forderungen für dessen Überarbeitung formuliert:
FORDERUNGEN
(1) Ergänzung der Liste der Batterierohstoffe um Kupfer, Bauxit, Eisen und Mangan
Bisher gelten die menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten im Entwurf der Europäischen Batterieverordnung nur für die Rohstoffe Kobalt, Lithium, Graphit und Nickel. Aufgrund ihrer zunehmenden Relevanz in der Batterieherstellung müssen jedoch auch die Rohstoffe Kupfer, Bauxit/Aluminium, Eisen und Mangan in die Verordnung aufgenommen werden, um so weitere Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden durch den steigenden Bedarf an Batterien in der E-Mobilität und die Umstellung auf erneuerbare Energien zu verhindern.
(2) Aufnahme weiterer Instrumente und Standards zur menschenrechtlichen und umweltbezogenen Sorgfaltspflicht
Die menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten müssen unter anderem durch die ILO-Konvention 169 erweitert werden. Nur so haben indigene Bevölkerungsgruppen eine rechtliche Grundlage, von ihrem Recht auf freie, vorherige und informierte Zustimmung zum Bergbau Gebrauch zu machen. Außerdem muss die neue Batterieverordnung stärker an die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen angebunden werden, um Menschenrechtsverletzungen entlang der gesamten Lieferkette zu verhindern. Zentral ist hierbei die Einführung von Sanktionen bei Verstößen gegen die Sorgfaltspflicht sowie der Zugang zur rechtlichen Strafverfolgung für Betroffene und die Zivilgesellschaft.
(3) Erweiterung des Geltungsbereichs auf alle Batterietypen
Im jetzigen Entwurf der Batterieverordnung wird der Geltungsbereich der einzelnen Regulierungen in vielen Punkten auf eine kleine Auswahl an Batterietypen eingegrenzt. Um die Nachhaltigkeit aller in Europa gehandelten Batterien zu garantieren, muss diese Einschränkung aufgehoben werden.
(4) Erhöhung der Recyclingraten und des Rezyklatgehalts
In diesem Punkt mangelt es dem bisherigen Entwurf an den heutigen Stand der Technik angepassten ehrgeizigen Zielen. Insbesondere die bisher angestrebte Recyclingquote von Lithium muss deshalb stark angehoben werden.
(5) Steigerung der Sammelquoten und Einführung eines Pfandsystems
Bislang liegt die Sammelquote für Gerätebatterien in Deutschland bei nur knapp über 52,2 Prozent (Stand 2019). Diese muss mit Instrumenten wie der Einführung eines Pfandsystems für Batterien bis 2030 auf EU-weit mindestens 85 Prozent erhöht werden.
(6) Klare Kennzeichnungen und Möglichkeiten der Wiederverwendung und Reparatur
Um Konsument*innen den Zugang zu Informationen über die Nachhaltigkeit der Batterien zu ermöglichen und Anreize für den Kauf sozial-ökologisch produzierter Batterien zu schaffen, müssen diese entsprechend gekennzeichnet werden. Außerdem müssen die Angaben und Anforderungen zur Reparierbarkeit und Langlebigkeit von Batterien in der Verordnung erweitert werden.
Mehr über die Europäische Batterieverordnung und die zentralen Kritikpunkte und Forderungen von PowerShift können sie in unserem Diskussionspapier nachlesen, das im September 2021 erscheinen wird.
WEITERFÜHRENDE LITERATUR
EEB: Enhancing Enhancing the sustainability of batteries – NGO position paper
PowerShift: Akku leer: Die schwache Batterie-Direktive der Europäischen Union
PowerShift: Die vergessenen Batterierohstoffe: Kupfer – Wenn Leitfähigkeit zur Leidfähigkeit wird
AK Rohstoffe: 12 Argumente für eine Rohstoffwende
AK Rohstoffe: Krisenverschärfendes Handeln stoppen – Rohstoffwende umsetzen