Pressemitteilung

Pressemitteilung zum EU-Chile Handelsabkommen

Container in einem Hafen

Vor der Abstimmung im Bundeskabinett: Das EU-Chile-Handels- und Investitionsabkommen steht im Widerspruch zu einer global gerechten Transformation

Berlin, 21.11.2023: Am morgigen Mittwoch wird das Bundeskabinett über die Zustimmung zum EU-Chile-Handels- und Investitionsabkommen abstimmen. Sollten die Minister*innen zustimmen, wäre der Weg von deutscher Seite frei, um das Abkommen, wie von der EU-Kommission vorgesehen, am 21.12.2023 zu unterzeichnen.

“Dieses Abkommen wird zu mehr Rohstoffausbeutung in Chile, nicht aber zum Aufbau von mehr Verarbeitungskapazitäten vor Ort führen”, sagt Bettina Müller, Referentin für Handels- und Investitionspolitik bei PowerShift. “Umweltschutz und Menschenrechte stehen auch in diesem Abkommen hinter europäischen Wirtschaftsinteressen zurück. Eine Partnerschaft auf Augenhöhe, die für eine global gerechte grüne Transformation benötigt wird, sieht anders aus.”

Trotz der vollmundigen Versprechungen, mit diesem Abkommen die Verarbeitungskapazitäten von Lithium in Chile zu stärken, würde es genau das Gegenteil bewirken. Denn die europäischen Zugeständnisse sind zu gering und nur unter bestimmten Bedingungen überhaupt zulässig. Gleichzeitig belegt das Handelsabkommen Chile jedoch mit einer Vielzahl von Einschränkungen und würde die ohnehin schon geringen Einnahmen aus der Ausbeutung und dem Export von Rohstoffen weiter mindern.

Zudem würde es die Umweltauswirkungen intensivieren. Insbesondere der Bergbau von Kupfer und die Extraktion von Lithium, zwei strategisch wichtige Rohstoffe für die deutsche Bundesregierung, führen zu gravierenden sozio-ökologischen Problemen wie Umweltverschmutzung, Wassermangel oder der Vertreibung indigener Gruppen. Trotzdem enthält das Abkommen keine konkreten, verbindlichen und einklagbaren Maßnahmen und Anforderungen zur Nachhaltigkeit, zur Gleichstellung der Geschlechter und zum Schutz der Menschen- und Arbeitnehmer*innenrechte.

“Das erweiterte Abkommen steht sowohl im Widerspruch zur deutschen Nachhaltigkeitsstrategie und dem Eckpunktepapier zu Handelspolitik der Ampel-Koalition, als auch zu den Prinzipien einer feministischen Außenpolitik”, meint Bettina Müller. Gleichzeitig konterkariere der Abschluss von transatlantischen Handelsabkommen auch Deutschlands Ziele, bis 2045 klimaneutral zu sein, da “die Liberalisierung des Handels zwangsläufig zu mehr Handelsströmen und somit zu mehr CO2-Emissionen führt.”

Des Weiteren enthält das EU-Chile-Abkommen das besonders umstrittene Investor-Staat-Schiedsverfahren, das ausländischen Unternehmen das exklusive Recht einräumt, die Regierungen der Vertragsparteien vor internationalen Schiedstribunalen zu verklagen. Konzerne konnten dank dieser Paralleljustiz exorbitante Entschädigungen für Maßnahmen zum Umwelt- und Klimaschutz einklagen. Vor diesem Hintergrund setzt sich die EU-Kommission derzeit für den Ausstieg aller EU-Mitglieder aus dem Energiechartavertrag ein, der diese Sonderklagerechte erlaubt und den Deutschland bereits gekündigt hat. “Die EU-Handelspolitik legt damit Doppelstandards an”, kritisiert Thomas Fritz, Handelsexperte bei PowerShift. “Während die EU-Staaten untereinander aus guten Gründen diese Paralleljustiz ablehnen, erwarten sie von Partnern wie Chile, sie im Interesse europäischer Konzerne zu akzeptieren.”

Auch widerspricht der EU-Chile-Vertrag dem Eckpunktepapier der Ampel-Regierung, das Investitionsabkommen auf den “Schutz vor ‘direkter Enteignung und  Inländergleichbehandlung’” konzentrieren will. Das Abkommen mit Chile enthält jedoch die besonders unpräzisen Standards der “indirekten Enteignung” und der “fairen und gerechten Behandlung”, auf die sich der Löwenanteil der Investitionsklagen stützt. “Was Länder wie Chile stattdessen brauchen” so Thomas Fritz, “sind Unterstützung für eine sozial-ökologische Investitionslenkung, Rechtshilfe im Umgang mit transnationalen Konzernen und Angebote für die gemeinsame Kündigung der Investitionsschutzabkommen mit EU-Ländern. Doch nichts davon enthält das Abkommen mit der EU.” Diesbezüglich wird PowerShift am 23.11. eine Publikation veröffentlichen: “Global Gerechte Grüne Transformation? - Die Rolle von Handelsabkommen für die europäische Rohstoffsicherung”.

Pressekontakte

Bettina Müller, Handelsexpertin, +49 (0)30 278 757 86 , bettina.müller@power-shift.de

Thomas Fritz, Handelsexperte, +49 (0)30 275 937 38  , thomas.fritz@power-shift.de

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