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PM: Ausbau der Erneuerbaren Energien ist kein Treiber für Bergbau

Solarpaneele auf einem sandigen Fläche. Dahinter Windräder..

Berlin, 17.01.2023: Eine heute vorgestellte neue Studie der Berliner Nichtregierungsorganisation PowerShift zeigt, dass die erneuerbare Energieproduktion keinen wesentlich größeren Bedarf an Metallen besitzt als die fossile Energieproduktion. Im Gegenteil: Manche erneuerbare Energietechnologien, etwa auf Dächern montierte PV-Anlagen, schneiden deutlich besser bezüglich ihres Metallfußabdrucks ab als zum Beispiel fossile Kohlekraftwerke. 

Die Organisation widerspricht damit der Bundesregierung, laut derer „die Transformation hin zu treibhausgasneutralen Technologien (…) zu einem erheblichen Metallbedarf an entsprechenden mineralischen Rohstoffen“ führe. Auch die EU-Kommission will noch in diesem Jahr einen Critical Raw Materials Act auf den Weg bringen, der die Versorgung der europäischen Industrie mit Lithium, Kobalt, Kupfer und anderen metallischen Rohstoffen sicherstellen soll. 

Der Anstieg des Verbrauchs metallischer Rohstoffe wird dabei nur selten mit den weltweiten negativen Konsequenzen des Bergbaus in Kontext gesetzt, kritisiert PowerShift. Hierzu zählen etwa Wasser- und Landnutzungskonflikte, Umweltverschmutzung sowie die Zerstörung des Regenwaldes. Der Bergbau ist zudem für etwa 10 bis 15 Prozent der globalen CO2-Emissionen verantwortlich, und die globalen Metallnutzungsziele sind nicht mit dem Zwei-Grad-Klimaziel vereinbar.

„Für eine effektive Bekämpfung der Klimakrise brauchen wir dringend eine Rohstoffwende. Dies bedeutet zum einen, dass metallische Rohstoffe, auch solche, die für erneuerbare Energietechnologien benötigt werden, unter den höchstmöglichen ökologischen und sozialen Standards abgebaut werden müssen. Zudem ist es essenziell, den absoluten Verbrauch an metallischen Rohstoffen zu senken, etwa durch sektorspezifische Ziele im Bereich Verkehr“, erklärt Michael Reckordt, Rohstoffexperte bei PowerShift.

„Nicht der Umstieg auf erneuerbare Energien ist die eigentliche Herausforderung, sondern die Frage, wo die Metalle in Zukunft eingesetzt werden. Unsere Studie „Metalle für die Energiewende“ zeigt: Im Vergleich zum Metallverbrauch der Automobilindustrie werden für den Ausbau der Erneuerbaren weitaus weniger Metalle benötigt: Allein die Antriebsbatterien der elektrischen Volkswagen, die im Jahr 2030 produziert werden, benötigen etwa achtmal so viel Aluminium und Nickel wie der gesamte geplante Zubau an Windkraftanlagen in Deutschland von 2022 bis 2030“, so Reckordt weiter.

In einer zweiten heute vorgestellten Studie zeigt die Umweltorganisation zudem, dass neben den Reduktionszielen auch der Ausbau einer zirkulären Ökonomie mit Fokus auf Langlebigkeit, Reparierbarkeit und einem auf Kreislaufführung der Rohstoffe ausgelegten Produktdesign eine zentrale Rolle spielt. Hintergrund ist, dass in Deutschland in den nächsten Jahren viele Solar- und Windkraftanlagen ausgetauscht und so große Mengen an Recylingschrotten aus dieser Industrie anfallen werden.

„Es braucht jetzt klare und einheitliche gesetzliche Vorgaben für den Rückbau und die Erneuerung alter Anlagen in Deutschland und der EU. Um die Energiewende so ressourcenschonend wie möglich zu gestalten, müssen wir die wertvollen Rohstoffe aus alten Anlagen zurückgewinnen. Dazu brauchen wir eine verbesserte, flächendeckende Sammel- und Recyclinginfrastruktur. Außerdem müssen neue Anlagen nach strengen Ökodesignvorgaben möglichst langlebig, leicht reparierbar und recyclingfähig sein“, fordert Hendrik Schnittker, Rohstoffexperte bei PowerShift.

Tatsächlich arbeitet das Bundesumweltministerium von Steffi Lemke (Grüne) derzeit an einer Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie. Durch sie sollen Rohstoffe in Produkten so lange wie möglich erhalten bleiben. Bisher verpflichtet die WEEE-Richtlinie der Europäischen Union von 2012 die Hersteller von PV-Modulen, die Rücknahme und das Recycling ihrer Produkte sicherzustellen. Seit der letzten Änderung der WEEE-Richtlinie im Jahr 2018 müssen 85 Prozent der verkauften PV-Module gesammelt und 80 Prozent des Gesamtgewichts recycelt werden. 

„Um diese Anforderung zu erfüllen, dominieren mechanische Recyclingprozesse. Diese Verfahren schränken die Wiederverwertung der Rohstoffe jedoch stark ein. Der Aluminiumrahmen und ein Teil des Glases können zurückgewonnen werden. Die Polymerfraktion wird zur Energiegewinnung genutzt (d.h. verbrannt) oder deponiert, die Metall-Solarzellen-Reste werden allerdings nicht zurückgewonnen. Um hochwertiges Recycling zu fördern, bei dem alle Teile recycelt werden, muss deshalb bei der Überarbeitung der WEEE-Richtlinie mehr Gewicht auf die Rückgewinnungswerte gelegt werden, insbesondere bei wichtigen Rohstoffen wie Silizium oder Silber“, erklärt Yun Luo, CEO des Recycling-Unternehmens Rosi Solar. 

Pressekontakte

Michael Reckordt, Rohstoffexperte, michael.reckordt@power-shift.de, 0163 633 63 72

Hendrik Schnittker, Rohstoffexperte, hendrik.schnittker@power-shift.de, +49 (0)30 2472 4541

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